Nach sechs schwachen Quartalen: Infrastruktur-Index steigt

Die bei institutionellen Investoren zunehmend gefragte Anlageklasse der nicht börsennotierten Infrastruktur sendet Anzeichen der Erholung. Darauf deuten die neuen Zahlen des quartalsweise berechneten Index „Infra 300“ des Datenanbieters EDHECinfra hin. Zuvor beendete das Marktbarometer, das es auch in einer monatlich berechneten Version gibt, sechs aufeinanderfolgende Quartale mit Verlusten. Eine Ursache dafür ist unter anderem die Covid-19-Pandemie.

Breiter Infrastruktur-Index steigt wieder

EDHECinfra ist ein Ableger der französischen Universität EDHEC. Nach Angaben des Unternehmens stieg der gleichgewichtete Infra-300-Index, der eine repräsentative globale Stichprobe nicht börsennotierter Infrastrukturinvestitionen im Wert von rund 250 Milliarden US-Dollar abbildet, im zweiten Quartal 2021 in lokaler Währung um 5,75 Prozent (siehe Abbildung 1). Diese Entwicklung sei auf einen Rückgang der durchschnittlichen Equity-Risikoprämie um 40 Basispunkte und weitgehend unveränderte Zinsen zurückzuführen, erläutert der Indexanbieter. Auf Jahresbasis sei die Kapitalrendite des Index nahezu unverändert. Die Cash-Rendite erkläre den Großteil der 7,63 Prozent Gesamtrendite, ergänzt EDHECinfra.

Abbildung 1

Der Index umfasst 300 individuelle Infrastrukturprojekte von Unternehmen aus den verschiedenen Subsegmenten, zum Beispiel erneuerbare Energien, klassische Energieerzeugung, Wasserversorgung, soziale Infrastruktur und Transportinfrastruktur wie Flughäfen, Straßen, Häfen.

Das zurückliegende Quartal sei das erste – seit dem Ausbruch von Covid-19 – in dem alle Segmente des Infrastrukturmarktes eine positive Rendite verzeichnet haben, „auch wenn die Zinsen angesichts anhaltender Ängste vor einer steigenden Inflation auf dem höchsten Niveau seit mehr als einem Jahr verharren“, berichtet EDHECinfra.

Im zweiten Quartal lagen Versorger vorn 

Die Subanlageklassen im Infrastruktursegment verzeichneten zum Teil sehr unterschiedliche Marktbewegungen. Dieser Umstand ist primär auf die Länge der Infrastrukturprojekte und ihre auf die Gegenwart abgezinsten Zahlungsströme zurückzuführen. Laut EDHECinfra verbuchten alle Segmente im zweiten Quartal eine positive Performance. Auf Sektorebene führten Anlagen mit längerer Duration die Renditen mit einer durchschnittlichen Rendite von 7,77 Prozent (in Euro) an. Beispielhaft seien Versorger genannt. Sie reagierten empfindlicher auf Veränderungen der Equity-Risikoprämie.

Im Verkehrssektor wiederum verzeichneten Flughäfen und Straßen im zweiten Quartal niedrigere positive Renditen von einem bis 2 Prozent (in Euro). Grund: Ihre kurzfristigen Umsatzprognosen seien weiterhin durch die Auswirkungen von Covid-19 beeinträchtigt gewesen.

Unternehmen mit vertraglich festgezurrten Umsatzströmen, die Angelsachsen sprechen hier von „contracted infrastructure“, hätten sich im vergangenen Krisenjahr als widerstandsfähig erwiesen und entwickelten sich weiterhin gut. Auf Fünfjahresbasis erzielten sie eine Rendite von 5,66 Prozent (in Euro) mit einer Sharpe Ratio von 0,70. Damit übertrafen sie den breiteren Markt nicht gelisteter Infrastruktur.

Daten stammen aus echten Transaktionen 

Die Analysten verfolgen Infrastrukturtransaktionen in über 20 Ländern. Dabei handelt es sich um Regionen, in denen das Transaktionsvolumen am Primär- und am Sekundärmarkt groß genug sei, um daraus systematisch Rückschlüsse zu ziehen, wie der Markt die speziellen Unternehmen über die Zeit hinweg bewertet. Noch in der jüngeren Vergangenheit mangelte es Investoren an Daten, die aus echten Transaktionen herausgelesen werden. Das ist auch der Grund, weshalb der Markt im Vergleich mit dem Anleihen- und Aktienhandel als intransparent angesehen wird.

Infrastrukturanlagen passen in die Portfolios von Lebensversicherungen

In den vergangenen rund zehn Jahren ist das Interesse institutioneller Investoren an der vielfältige Anlageklasse Infrastruktur schrittweise gewachsen. Anleger versprechen sich von einem Investment in zum Beispiel Flughäfen, Mautstraßen oder soziale Infrastruktur wie Krankenhäuser stabile und langfristig gut planbare Kapitalrückflüsse. Diese dienen beispielsweise Lebensversicherungen dazu, die Zahlungsströme aus Versicherungsverträgen zu begleichen. Ebenso wie Infrastrukturanlagen erstrecken sich auch Versicherungsverpflichtungen häufig über mehrere Jahrzehnte. Beide passen also gut zusammen, wenn es darum geht langfristiges Einkommen zu erwirtschaften.

Infrastrukturanlagen schützen nicht vor Inflation

Anleger versprechen sich von Infrastruktur-Investments neben planbaren Kapitalzuflüssen insbesondere auch einen Schutz gegen die Inflation. Und auch Anbieter entsprechender Investmentprodukte argumentieren immer wieder in diese Richtung. Allerdings zeigten Untersuchungen, dass Infrastrukturanlagen kein Hedge seien, wie Frederic Blanc-Brude, Director von EDHECinfra, im Juni 2021 in einem Web-Meeting (Zugang registrierungspflichtig) erläuterte. Infrastruktur könne nur als partieller Inflations-Hedge betrachtet werden. „Zwischen inflationsgebundenen Einnahmen und inflationsgebundenen Dividenden muss ein großer Cashflow-Wasserfall durchlaufen werden, und die Korrelation geht leicht verloren“, so Blanc-Brude.

Das Problem, das viele Interessenten im Bereich der illiquiden Infrastrukturanlagen haben, ist analytischer Natur. Es ist ein privater, illiquider Markt. Die verfügbaren Informationen über die Bewertung einzelner Projekte und die damit einhergehenden Bewertungsgrundlagen sind begrenzt. Investoren sollten sich auch immer vor Augen führen, dass Infrastruktur als Anlageklasse sehr vielfältig ist und einer Vielzahl an Bewertungsfaktoren unterliegt. Zum Beispiel die Zinsen, mit denen die künftigen Zahlungsströme auf die Gegenwart abgezinst werden. Und wenn Flughäfen und Mautstraßen in Zeiten der Corona-Pandemie weniger frequentiert werden, schmälert auch das den Wert der Anlagen.

Autor: Tobias Bürger, bii. Bildquelle: Carlos Pernalete Tua von Pexels.

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