Artikel: „ESG im Gebäudesektor als Chance für Real Estate Debt“

ESG im Gebäudesektor als Chance für Real Estate Debt

Gebäude sind für rund ein Drittel der weltweiten CO2 – Emissionen verantwortlich und verbrauchen 40% der weltweiten Energie. 85% des europäischen Gebäudebestands wurde 2000 errichtet, davon weist 75% eine unterdurchschnittliche Energieeffizienz aus [1]

Da Deutschland bis 2045 klimaneutral werden muss, steht die Immobilienbranche aufgrund o.g. Parameter vor großen Herausforderungen im Hinblick auf eine erfolgreiche Transformation.

Notwendigen Maßnahmen zur CO2-Reduzierung, wie energetische Sanierungen und digitale Verbrauchsmessung, sind daher bereits jetzt im Fokus der Projekt- und Bestandsentwickler.

Die Sanierungsraten im deutschen Gebäudebestand liegen allerdings mit 1% p.a. deutlich unter den ca. 2-4%, die notwendig wären, um die Klimaziele zu erreichen. Dies birgt das Risiko, dass diese unsanierten Objekte in naher Zukunft eine unterdurchschnittliche Wertentwicklung aufweisen.[2]

Nach Schätzungen der International Renewable Energy Agency könnten Immobilien im Wert von 7,5 Billionen USD Gefahr laufen zu „stranden“, damit gehört diese Branche zu den am stärksten betroffenen Sektoren. Andererseits zeigt sich, dass umweltfreundlichere Immobilien niedrigere Betriebskosten verursachen. Zusätzlich weisen sie höhere Mieten und geringere Leerstände auf und sind dazu einem geringeren Ausfallrisiko von Hypothekenkrediten ausgesetzt.[3]  Insbesondere der letzte Punkt sollte Fremdkapitalgeber aufhorchen lassen. Eine Investition in die Sanierung des Bestandes lohnt also!

Der Bedarf ist enorm – in Summe müssen rd. 70% der 220 Millionen Gebäude in der EU renoviert werden. Die nötigen Investitionen von über 3,5 Billionen Euro bis 2030 überschreiten dabei die EU-Förderungen (jährlich 85-90 Milliarden Euro) erheblich.[4]

Erschwerend hinzu kommt, das staatliche Förderungen für die Immobilienwirtschaft oft nur wenig Stimulationspotenzial haben. Gründe sind in ständig wechselnde Anforderungen, hohen bürokratischen Hürden und der Begrenzung der Fördermittel zu suchen.[5]

Im Ergebnis ist die Branche mit einer Investitionslücke von rd. 275 Milliarden Euro p.a. bis 2030 konfrontiert.[6]

Dieses Funding-Gap allein durch Banken zu schließen ist aufgrund regulatorischer Grenzen und einer zunehmend restriktiven Kreditvergabe ambitioniert. Analog den USA könnten Kreditfonds einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung der Transformation leisten. Für den Darlehensnehmer bieten diese Anbieter den Vorteil höherer Beleihungsausläufe ggü. Bankdarlehen und dass bei einem Whole-Loan-Ansatz keine weiteren Parteien in die Finanzierung mit eingebunden werden müssen. Real Estate Debt (RED-) Fonds konzentrieren sich oft auf den konkreten Zeitraum der Durchführung der Sanierungsarbeiten. Somit sind die Darlehen meist eher kurzfristiger Natur (ca. 3 Jahre).

Für den Darlehensgeber haben die o.g. Umstände den Vorteil, dass höhere Beleihungsausläufe meist mit höheren Kupons verbunden sind. Wichtig in diesem Zusammenhang ist ein professionelles Dealteam mit Immobilien Know-How, welches über einen dezidierten Meilensteinplan eine enge Begleitung des Darlehensnehmers und notfalls auch die wertschonende Umsetzung von Workout-Situationen gewährleisten kann.

Zum anderen wirkt sich der Zweck des Darlehens (energetische Sanierung) positiv auf den Wert und die Wettbewerbsfähigkeit der Immobilie aus – ein unmittelbarer Impact auf die Werthaltigkeit der Sicherheiten.

Des Weiteren befinden wir uns aktuell in der bemerkenswerten Situation, dass Debt teils lohnender ist als Equity. Die Gross IRR von RED-Fonds (ohne Mezzanine-Strukturen) liegt aktuell je nach Anlagestrategie zwischen 6,5% und 8,5% inkl. einem Equitypuffer von rund 30% auf den bereits korrigierten Nettoinventarwert.

Hinzu kommt die relative Attraktivität von Debt, im Vergleich zu Equity, bei institutionellen Investoren wie Banken und insbesondere Versicherungen in Bezug auf die geringere Eigenkapitalhinterlegung.

Fazit: Neben einem grundsätzlich positiven Market Timing für Real Estate Debt sorgt der Fokus auf die Finanzierung der ESG-Transformation im Gebäudebestand für eine wachsende Deal-Pipeline und reduziert gleichzeitig die Ausfallrisiken.

 

Pascal Scheeff
Managing Director Institutional Sales
BF.capital GmbH

[1] Europäische Kommission, Energieeffizienz von Gebäuden, 17.02.2020

[2] Finanzierung von energetischen Gebäudesanierungen, Umweltbundesamt, 2024

[3] Finanzierung von energetischen Gebäudesanierungen, Umweltbundesamt, 2024

[4] Finanzierung von energetischen Gebäudesanierungen, Umweltbundesamt, 2024

[5] BF.Quartalsbarometer Q1 2024

[6] Finanzierung von energetischen Gebäudesanierungen, Umweltbundesamt, 2024