Artikel „ZWK-Übergangsmodell als Variante zur Anpassung der Personalstruktur von den Sozialversicherungsträgern bestätigt“

Angesichts einer sich rasant verändernden Arbeitswelt stehen viele Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Personalstruktur an sich verändernde Rahmenbedingungen anzupassen. Neben klassischen Instrumenten wie Abfindungsmaßnahmen, Vorruhestand oder Altersteilzeit werden zunehmend auch neue, flexiblere Modelle wie Zeitwertkonten eingesetzt.

Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger (SV-Träger) haben in ihrem Besprechungsergebnis vom 23. November 2023 die Zulässigkeit eines sogenannten Zeitwertkontenübergangsmodells bestätigt, bei dem der Aufbau von Wertguthaben ausschließlich durch eine Einmalzahlung des Arbeitgebers erfolgt und welches eine unmittelbare Freistellung von der Arbeitsleistung bis zum vorgezogenen Ende des Beschäftigungsverhältnisses vorsieht.

Wertguthabenvereinbarung als mögliche Variante

Eine Wertguthabenvereinbarung im Sinne des § 7b SGB IV funktioniert in der Regel in der Weise, dass der Mitarbeitende über einen längeren Zeitraum Arbeitsentgelt in ein Zeitwertkonto einbringt und dadurch ein Wertguthaben aufbaut, das für eine bezahlte Freistellungsperiode verwendet wird. Die eingebrachten Beträge beinhalten auch die arbeitgeberseitigen Sozialversicherungsbeiträge und werden erst zum Zeitpunkt der Auszahlung beitrags- und lohnsteuerpflichtig und sind vor Insolvenz gesichert.

Ein Vorteil des Zeitwertkontos besteht darin, dass der Mitarbeitende während der gesamten Freistellungsphase in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis steht, d.h. dass er weiterhin vollständigen Sozialversicherungsschutz genießt und weitere Rentenbausteine aufbaut.

Zeitwertkonten können jedoch nicht nur durch den Mitarbeitenden angespart werden. Auch der Arbeitgeber kann Arbeitsentgelt in ein Wertguthaben als einmalige, freiwillige zusätzliche Leistung einbringen. Somit kann ein Arbeitgeber durch Sonderzahlungen mit Arbeitsentgeltcharakter für Arbeitnehmer ein attraktives Ausstiegsszenario gestalten. Für Arbeitgeber bietet sich so die Möglichkeit, Zeitwertkonten auch im Rahmen von Personalabbauprogrammen gezielt für ältere Mitarbeitende zu nutzen. Mitarbeitende empfinden die weiterbestehende sozialversicherungsrechtliche Absicherung während der Freistellungsphase sowie die gesetzlich vorgeschriebene Insolvenzabsicherung häufig als zusätzliche Motivation zur Wahl dieses Modells.

Ansparphase nicht notwendig

Nach der Bewertung der SV-Träger sei es für die Einordnung einer solchen Vereinbarung zum Personalabbau als zulässige Wertguthabenvereinbarung nach § 7b SGB IV unerheblich, dass es an einer Ansparphase nach § 7b Nr. 4 SGB IV fehle. Entscheidend für das Vorliegen der Merkmale einer Wertguthabenvereinbarung nach § 7b Nr. 3 und Nr. 4 SGB IV ist, dass Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in das Wertguthaben eingebracht wird, das sich jedoch nicht unmittelbar aus der erbrachten Arbeitsleistung ergeben muss.

„Mannheimer Modell“ keine zulässige Wertguthabenvereinbarung

Werden aus Anlass der vorzeitigen Beendigung der Beschäftigung Einmalzahlungen des Arbeitgebers in ein Zeitwertkontokonto eingebracht, ohne dass sich bis zum Ende der Beschäftigung eine Freistellung beim Arbeitgeber anschließt, können diese – selbst wenn eine Übertragung auf die Deutsche Rentenversicherung Bund nach § 7f SGB IV vorgesehen ist (sog. Mannheimer Modell) – nach Auffassung der SV-Träger nicht wirksam zum Aufbau eines Wertguthaben nach § 7b SGB IV verwendet werden. Es handele sich bei den Einmalzahlungen um finanzielle Entschädigungen für den Verlust des Arbeitsplatzes und damit nicht um Arbeitsentgelt i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV.

 

Attraktives Modell für die Unternehmenspraxis

Erfreulich ist, dass im Einklang mit der ganz überwiegenden Praxis neue und bereits bestehende ZWK-Übergangsmodelle mit ausschließlicher Arbeitgeberfinanzierung und Freistellung beim Arbeitgeber bei entsprechender sachgerechter Ausgestaltung nun auch „offiziell“ als Wertguthabenvereinbarung nach § 7b SGB IV anerkannt werden. Damit steht Arbeitgebern für die Gestaltung von Restrukturierungen und Transformationsprozessen ein attraktives Modell für ein sozialverträgliches Ausscheiden aus dem Unternehmen ggf. auch unmittelbar vor dem Ruhestand zur Verfügung.

Autor:

Markus Stein, Director Retirement, WTW