„Es braucht wieder verlässliche Rahmenbedingungen für Investoren“

Interview mit Dr. Axel Schilder, Office Managing Partner, King & Spalding LLP

„Es braucht wieder verlässliche Rahmenbedingungen für Investoren“

Was macht King & Spalding genau und wie sind Sie in Deutschland aufgestellt?
Das Büro in Frankfurt wurde 2007 gegründet und seitdem haben wir unsere Beratungsfelder vom ursprünglichen Kernfokus auf Immobilien und Immobilienfonds in andere relevante Bereiche stetig ausgebaut. Dazu gehören inzwischen neben der Litigation & Arbitration-Praxis insbesondere die Bereiche Steuern, Finance, Life Science & Health Care nebst weiterer regulierter Industrien sowie seit 2022 auch M&A sowie Private Equity. Bei den Branchen sind wir in Deutschland speziell im Immobilien-, Banken- und Health Care-Bereich sehr aktiv und haben hier eine langjährige Expertise und Branchenvernetzung. Weitere Sektoren sind neben der Finanzbranche insbesondere die Medizintechnik, Food & Beverage sowie Energie/Infrastruktur.

Gibt es Neuigkeiten in der strategischen Ausrichtung?
Ja, in der Tat. Seit dem letzten Jahr haben wir weltweit eine neue Kanzleistrategie auf- und umgesetzt. Wir arbeiten aus einer bereits sehr internationalen Ausrichtung nun noch intensiver in Richtung einer globalen Vernetzung. Das zeigt sich beispielsweise an unserer starken Präsenz vor Ort in den USA, in UK, der EU (hier zusätzlich das besondere EU-Büro in Brüssel) und in den drei sehr gut integrierten Büros im Mittleren Osten.

Welche Themen spielen derzeit bei Ihren Mandanten eine besonders große Rolle?
Viele Themen unserer Mandanten kommen aus dem Bereich der langfristigen Wirtschafts- und Standortpolitik sowie dem aktuellen Marktgeschehen, da zunehmend kurzfristigeren Trends folgt. So ist die aktuelle Lage von einem hohen Grad an regulatorischer Unsicherheit geprägt. Das betrifft beispielswiese Energieunternehmen im Rahmen des EU-Green Deals im Zusammenspiel mit anderen Jurisdiktionen außerhalb der EU wie etwa den USA, für die in diesem Segment die Fördermechanismen und steuerlichen Incentivierungen nach dem Inflation Reduction Act unerlässlich sind. Wir brauchen hier einfach mehr Klarheit und verlässliche Rahmenbedingungen für Investoren. Nur so wird zukünftig eine erhöhte Investitionsbereitschaft erzeugt werden können.
Auch das Lieferkettensorgfaltsgesetz mit seinen kaum noch überschaubaren Reporting-Anforderungen ist ein Zeichen für das investitionsunfreundliche Wirtschaftsklima in Deutschland und Europa. Schließlich spielen marktseitig die Themen Zinsen und Verschuldung eine große Rolle. Die Notenbanken werden angesichts der expansiven Staatsschuldenpolitik die erhebliche Geldmengenexpansion über kurz oder lang durch höhere Zinsen abfangen müssen und das wäre in Zeiten der Stagnation mit deutlichen Anzeichen für eine Rezession kontraproduktiv. Der Spruch „Survive till 25“ hat sich insofern überholt, inzwischen liegen die Hoffnungen auf eine Konjunkturbesserung mehr und mehr auf dem Jahr 2026 oder noch später.

Wie lässt sich die Erfüllung der ESG-Anforderungen nach den EU-Anforderungen überprüfen?
Die Erfüllung der EU-Vorgaben ist bei Immobilien baulich und technisch bereits per se nicht trivial. Hier arbeiten wir mit den technischen und digitalen Spezialisten der x.project AG und Torvik Gruen zusammen. Für die im Markt existierenden Scoring-Modelle fehlen leider immer noch tiefergehend EU-Ausführungsbestimmungen für die Bereiche Social und Governance. Dennoch arbeiten wir in diesem Bereich mit technischen Rahmenprogrammen, mit denen die Übereinstimmung mit den ESG-Vorgaben geprüft und bestätigt werden kann. Wir nennen dies am Ende Konformitätsbestätigung, die wir als Anwälte auf Grundlage unseres Prüfungsstandards abgeben. Das gibt Investoren Rechtssicherheit, insbesondere gegenüber den eigenen Stakeholdern. Generell ist aber festzuhalten, dass angesichts der schwachen Binnenkonjunktur die wirtschaftliche Nachhaltigkeit wieder absolut im Mittelpunkt steht, erst danach folgt der Dauerbrenner ESG.

Sehen Sie aktuell weitere regulatorische Untiefen für Investoren?
Eine Variable mit einer großen Wirkung auf die Wirtschaft bleibt die Energieversorgung. Hier macht sich die EU-Regulatorik von RED II und RED III bemerkbar. Die Umsetzung des EU-Green Deals ist aufwendig und mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. Letztlich muß es das Ziel sein, die produktive Industrie zum einen erhalten, aber eben zukunftsgerichtet aufzustellen und zu stärken.

Gibt es derzeit spezielle Aspekte für Infrastruktur-Investitionen?
Der Terminal-Bau für Flüssiggas- und Wasserstoff-Lieferungen steht weiter ganz oben auf der Agenda. Das gilt auch für die Weiterleitung der Energieträger im Rahmen eines deutlich schnelleren Netzausbaus in Richtung eines geschlossenen Pipeline-Systems, das strukturell für eine Mehrfachnutzung ausgelegt sein muss. Diese Segmente könnten in Deutschland durch die schuldenfinanzierten staatlichen Budgets von 500 Milliarden Euro erheblich profitieren. Allein der erforderliche Pipeline-Bau von geschätzten zusätzlichen 10.000 km sowie die Stromtrassen-Erweiterung von Nord nach Süd bieten erhebliche Chancen für Unternehmen und private Beteiligungsinvestitionen. Allerdings wird es auch hier darauf ankommen, dass die damit einhergehende Bürokratie nicht jedes marktwirtschaftliche Engagement erstickt, sondern vielmehr fördert.

Was kommt aus juristischer und steuerlicher Sicht 2025 auf die institutionellen Anleger zu?
Bei aller Vorsicht im Zusammenhang mit Prognosen, könnte es durchaus zu Erleichterungen bei Reportings für institutionelle Investoren und Industrieunternehmen kommen. Ein großes Thema ist sicherlich die Umsetzung der Regelungen zur sog. Mindestbesteuerung. Die damit verbundenen hohen Unsicherheiten für die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen und darauf basierende Reportings und Erklärungsverpflichtungen wären z.B. ein Feld, für das die Politik in diesem Erleichterungen schaffen und ehrlich umsetzen sollte. Spannend bleibt es im Hinblick auf die im neuen Koalitionsvertrag angelegten Steuererleichterungen. Hier zeigt sich schon nach kürzester Zeit die Unterschiede in der Interpretation durch die beiden Koalitionspartner. „Konjunkturentwicklungs-Vorbehalte“ sind nur ein Beispiel dafür, dass viele Umsetzungsfragen noch offen sind und nicht gerade für eine schnelle Verlässlichkeit für institutionelle Investoren und Anleger sprechen.

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
Ich bin bekennender und sehr aktiver Fußball-Fan von Eintracht Frankfurt. Neben dem eher passiven Sportschauen halte ich mich aktiv mit Rudern bei der FRG Germania Frankfurt fit. Privat genieße ich im Familienkreis u.a. sehr gerne die kulturellen und kulinarischen Vorzüge Italiens. In Deutschland sind wir häufig Besucher von Musik- und Kulturveranstaltungen sowie begeisterte Naturliebhaber.

 

Über Dr. Axel Schilder

Dr. Axel Schilder, Managing Partner des Frankfurter Büros und leitet die deutsche Steuerpraxis der Kanzlei. Mit über 25 Jahren Erfahrung berät er zu Transaktionen, Finanzierungs- und Fondsstrukturen in Immobilien, Energie, Infrastruktur und Finanzdienstleistungen. Seine Mandanten – Investmentfonds, Family Offices und vermögende Privatpersonen – unterstützt er bei nationalen und grenzüberschreitenden Steuerfragen sowie in Verfahren vor Finanzbehörden und Finanzgerichten.