Interview mit Professor Dr. Thomas Beyerle,
Hochschule Biberach, Lehrstuhl für Immobilienforschung
„Es kommt wieder Bewegung in die Immobilienmärkte“
Wie ist Ihr Fazit zum letzten Jahr für die Immobilienbranche?
Der Korridor der Entwicklung in 2024 war so zu erwarten, denn das ist schließlich Teil des Jobs – Märkte und deren Richtung zu prognostizieren. Aber: trotz aller Rationalität und Prognosefähigkeit beispielsweise aufgrund der eingepreisten Zinssenkungen in der zweiten Jahreshälfte, oder der Wahl von Trump zum US-Präsidenten, kommt mit der Neuwahl zum Deutschen Bundestag dann doch Bewegung in die Sache. Das mag erst einmal überraschen, denn Mieten, Transaktionen oder Baugenehmigungen steigen nicht aufgrund eines singulären Regierungswechsels, der nach Ansicht der Wirtschaft längst überfällig war, sondern aufgrund geänderter Erwartungen an die Zukunft. Vor diesem Hintergrund, war 2024 in der Sprache der Analysten ein „robustes Jahr“, bei negativen Vorzeichen.
Warum hat es gefühlt Deutschland härter getroffen in Europa?
Nicht nur gefühlt, sondern eben auch messbar, anhand beispielsweise der BIP-Stagnation, der stark rückläufigen Auftragseingänge fast aller Branchen und natürlich auch aufgrund des Strukturbruchs in der deutschen Automobilindustrie. Hinzu gesellen sich systemimmanente Herausforderungen wie unfassbar lange Genehmigungszeiten, Handwerkermangel, Sanierungsstau bei zentraler Infrastruktur etc. und aufgrund der oben skizzierten Unsicherheit ein sehr stagnatives Investitionsverhalten der Nachfrager, seien es Unternehmen oder private Haushalte. Stichworte wären hier: Angstsparen und Abwarten.
2025 wird es besser werden, so meinen viele Branchenteilnehmer.
Ist das Zweckoptimismus oder gibt es einen belegbaren Aufwärtstrend?
Ich denke auch, dass 2025 das Jahr sein wird, in welchem, um in der Analystensprache zu bleiben, „die Balken langsam wieder nach oben gehen“, beispielsweise bei den Transaktionen und Genehmigungen. Das Ganze wird auch getrieben werden durch die Erwartungshaltung beziehungsweise Hoffnung auf eine Besserung durch den anstehenden Regierungswechsel und den damit zusammenhängenden „stabileren“ Investitionsprognosen, sprich Planbarkeit aufgrund verlässlicher politischer Rahmenbedingungen aus Berlin. Insgesamt kommt wieder Bewegung in die Immobilienmärkte. Klar ist aber auch, eine Phase wie zwischen 2013 und 2020 werden wird erst einmal nicht erreichen.
Welche Sektoren ziehen schon wieder stärker an?
Die Antwort kann nur lauten: die Assetklasse Wohnen. Wenngleich die positive Entwicklung primär getragen wird kaum Neubau und eine hohe Nachfrage nach Mietwohnungen in Ballungsräumen. Hier auch vor allem im sog. Student Housing beziehungsweise Mikroappartement Segment, also in den Wohnungsgrößen 20 bis 30 Quadratmeter.
Dies wird sich auf absehbare Zeit auch kaum signifikant ändern. Bei den privaten Investoren, sprich Häuslebauern sehe ich eine leichte Dynamik bei den Baugenehmigungen, da sich das Zinsniveau mittlerweile eingependelt hat beziehungsweise weitere signifikanten Zinsschritte nicht erwartet werden.
Und welche Nutzungsarten werden weiter eine Herausforderung sein?
Ganz klar Büroimmobilien, auch weil es das größte Stück Kuchen in der Asset-Torte bei Investoren ist. Und die zuletzt hoch gehypten Data Center. Hier wird eine große Brise Realismus einkehren, dass es sich um Sonderimmobilien handelt mit einem überschaubaren Marktvolumen und einer starken, aber kurzläufigen Nutzungsdynamik.
Welche Trends werden das neue Jahr prägen?
KI wird sicher die Schlagzeilen beherrschen. Auf der Asset Ebene die Herausforderungen und Chancen des Segments Wohnen inklusive der Themen „energetische Sanierung“ und „weiterer Mietanstieg in Ballungsräumen“. Bei Logistikimmobilien wird es sicher eine Beruhigung geben auf hohem Niveau. Strukturell werden wir viel mehr von „Social Invstments“ hören, also Schulen, Kitas und Bildungseinrichtungen. Diese reihen sich ideal in die ESG-Evolution bzw. in das „S“ ein und bieten interessante Renditemöglichkeiten.
Was können oder sollten institutionelle Immobilieninvestoren in 2025 tun?
Grundsätzlich erwarte ich, dass institutionelle Investoren „wieder zurückkommen“, nach 3 Jahren der Stagnation. Ehrlicherweise wurde hier sehr viel Augenmerk gelegt auf das sogenannte Asset Management. Diese Objekte könnten dann auf der Sell-Liste stehen. Ich erwarte also wieder mehr Bewegung am Markt seitens der Instis.
Welche Aktivitäten schätzen Sie privat?
„Reisen bildet“, dazu benötigt man letztlich auch alles was ein Bett aufzuweisen hat. Ich reise sehr viel und sehe, dass es mittlerweile ein sehr breites Angebot gibt an coolen Übernachtungsmöglichkeiten – gerade auch jenseits der Overtourism / Instragram Destinationen. Und da stehen noch sehr viele Ziele auf dem Zettel in 2025.
Über Professor Dr. Thomas Beyerle
Prof. Dr. Thomas Beyerle hat an der an der Hochschule Biberach den Lehrstuhl für Immobilienforschung inne. Der promovierte und diplomierte Geograph studierte Geographie und Betriebswirtschaft an den Universitäten Stuttgart und Mannheim. In den letzten 28 Jahren hatte er verschiedene Managementpositionen in Immobilienunternehmen inne, darunter Dresdner Bank, DEGI, Aberdeen Property Investors, Catella und IVG Immobilien AG. Darüber hinaus war er Präsident der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e.V.