Autor: Hanno Kowalski, Managing Partner FAP Invest
Fokus auf Whole Loans – so präsentiert sich der Real Estate Debt Markt in Deutschland
Die Großwetterlage für alternative Finanzierer bleibt herausfordernd: Finanzinstitute agieren weiterhin vorsichtig, zahlreiche institutionelle Investoren haben die Kapitalvergabe komplett eingestellt, viele Kreditfonds sind nicht mehr aktiv. Diese Zurückhaltung spiegelt sich in niedrigen Finanzierungsausläufen und umfassenderen Prüfungsprozessen wider, aber auch in steigenden Anforderungen an Vorvermietungs- und Vorverkaufsquoten oder an die Baukostensicherheit. Unser aktueller Real Estate Private Debt Report zeigt: Nachrangfinanzierungen kommen in der aktuellen Lage häufig gar nicht mehr in Frage, die Rolle von Whole Loans und Stretched-Senior-Engagements wird entsprechend wichtiger.
Wir haben für unseren Real Estate Private Debt Report 73 nationale und internationale Kapitalgeber interviewt, die gewerbliche Immobilienfinanzierungen in Deutschland vergeben. 59 der Befragten gaben an, noch im Bereich Debt aktiv zu sein. Das bedeutet: 20 Prozent haben sich vorerst aus dem Geschäftsfeld mit Immobilienkrediten verabschiedet. 11 Prozent konzentrieren sich nur auf Whole Loans und sind bei Nachrangfinanzierungen nicht mehr dabei.
Finanzierungsausläufe
Fiel im vergangenen Jahr der Unterschied zwischen Finanzierungsausläufen für Mezzanine-Kapital und Whole Loans kaum ins Gewicht, gibt es in diesem Jahr zumindest eine kleine Differenz: So liegt der durchschnittliche Auslauf von Whole Loans für Bestandsimmobilien bei gut 74 Prozent, der für Mezzanine-Finanzierungen knapp unter 80 Prozent.
In der Praxis lassen sich erstrangig besicherte Finanzierungsangebote allerdings nur mit einem Loan to Value (LTV) von maximal 70 Prozent finden. Viele liegen deutlich unter dieser Marke und unterscheiden sich damit kaum von der bisher gewohnten klassischen Bankfinanzierung. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Loans to Cost (LTC) für Projektentwicklungen: Der durchschnittliche LTC beträgt für Whole Loans 76,7 Prozent, der für Nachrangkapital 80,2 Prozent.
Auch bei Whole Loans sind die Finanzierungshöhen gesunken, sie liegen aber im Auslauf auf dem Niveau, das in der Vergangenheit klassische Bankenfinanzierungen erreicht haben. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Finanzierungskosten: Sie liegen für Whole Loans und klassische Bankenfinanzierungen in Gänze nicht mehr wirklich weit auseinander.
Insgesamt führt die häufig fehlende Liquidität bei alternativen Kapitalgebern zu einem deutlich geringeren Vergabevolumen. Damit schrumpfen auch die Ticketgrößen. Internationale Adressen suchen dagegen weiterhin große Tickets, gerade bei Whole Loans. Doch nur wenige nationale Anbieter bewegen sich in Volumina ab 100 Millionen Euro.
Wohnen und Mixed Use, Hotels holen auf
Die Mehrheit der befragten Finanzierer bevorzugt Bestandsimmobilien in guten Lagen, die stabile Cashflows bieten. Allerdings können sich auch 86 Prozent der Befragten vorstellen, ausgewählte Projektentwicklungen zu finanzieren. In der Praxis sehen wir aber, dass nur Projekte mit ausgeprägt soliden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen finanziert werden.
81 Prozent der Befragten zeigen Interesse an Büros, 13 Prozentpunkte weniger als noch im Vorjahr. Die Verunsicherung bezüglich Büroimmobilien bleibt – trotz des „Zurück ins Büro“-Trends. Und so sind auch nur noch Büros in Top-Lagen, die strenge ESG-Anforderungen erfüllen und gut vermietet sind, für alternative Finanzierer interessant. Die Assetklasse Hotel wird mit einem Plus von 15 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr deutlich beliebter.
Gefragt nach ihrer Finanzierungsbereitschaft hinsichtlich konkreter Standorte gaben alle Teilnehmer an, in A-Städten zu finanzieren, 91 Prozent auch in B-Städten. In C-Städten sind hingegen nur 67 Prozent aktiv, in D-Städten lediglich 53 Prozent. Internationale Kapitalgeber bevorzugen bekannte Großstädte. 81 Prozent der gaben an, sie finanzierten außerhalb Deutschlands Projekte, vor allem in West- und Nordeuropa.
73 Prozent der alternativen Senior-Finanzierer blicken positiv in die Zukunft. Sie erwarten eine steigende Nachfrage nach erstrangig besicherten Finanzierungen zu attraktiven Konditionen. Die aktuelle Marktsituation verschafft den Alternativen eine gute Ausgangslage. Die Zurückhaltung der Banken und deren schwer prognostizierbaren Bearbeitungszeiten spielt ihnen in die Karten. Wer über genügend Kapital und Ressourcen verfügt, kann sich in der derzeitigen Situation die besten Projekte aussuchen.