Interview mit Hanno Kowalski

Interview mit Hanno Kowalski, Managing Partner FAP Invest

Zitat „2024 bietet beste Chancen für Neuinvestitionen in Real Estate Debt“

Was sind die Vorteile von Real Estate Debt gegenüber anderen Asset-Klassen?
Im Vergleich zum direkten Equity Investment in Immobilien, bieten Real Estate Debt Engagements insbesondere den Vorteil des Risikoabschlags. Bei Finanzierungsausläufen zwischen 60 % bis 80 % auf den Marktwert ergibt sich ein guter Puffer gegenüber Wertveränderungen. Auch die vergleichsweise kurzen Laufzeiten von Darlehen, oft nur zwischen 1 bis 3 Jahren, sind in volatilen Märkten ein klarer Vorteil und schaffen Flexibilität. Als dritter Vorteil ist klar die höhere Rendite zu nennen. Debt schlägt ertragsseitig in der Regel das direkte Immobilieninvestment.

Über welche Vehikel wird in diesem Bereich investiert?
Es gibt zahlreiche Wege in Real Estate Debt zu investieren. Dazu gehört natürlich die direkte Vergabe von Krediten durch institutionelle Anleger, in der Regel über eigene Investitionsvehikel oder eine beteiligte Bank. Mittel der Wahl ist häufig die Zeichnung von Kreditfonds oder der Erwerb in verbriefter Form als Anleihe. In der Gesamtbetrachtung bieten vor allem Luxemburger Kreditfonds viele Vorteile, da diese eine hohe Flexibilität bei der Vergabe von Darlehen mit sich bringen und den Kreditgebern die Möglichkeit geben, ähnlich wie eine Bank zu agieren.

Real Estate Debt ist sowohl direkt als auch indirekt möglich?
Beides ist möglich, aber man sollte ehrlich seine eigenen Möglichkeiten einschätzen. Viele institutionelle Investoren haben nicht die Ressourcen und die in der Tiefe notwendige Expertise, um Darlehen direkt zu vergeben. Denn neben der eigentlichen Ausreichung gehört auch das Loan Management dazu und der zeitliche und fachliche Aufwand, der bei Leistungsstörungen erforderlich wird, sollte nicht unterschätzt werden. Deshalb gehen sie in der Regel den Weg über Kreditfonds oder beteiligen sich an Club-Deals.

Wie hat sich der Real Estate Debt-Markt in den letzten 10 Jahren verändert?
Während es früher überwiegend die Hausbank war, die als erster Ansprechpartner bei Immobilienfinanzierungen diente und im Zweifel den gesamten Finanzierungsbedarf abdeckte, schließen heute alternative Finanzierer die Lücke. Die zunehmende Regulatorik bei den Banken zwingt diese, ihre Beleihungsausläufe stetig weiter zu senken. Oft sind Kreditfonds mit Nachrangfinanzierungen in die Bresche gesprungen oder haben in Form von Whole Loans gleich die komplette Finanzierung übernommen. Insofern hat sich der Markt stark differenziert und professionalisiert. Interessenten finden ein sehr breites Angebot an Möglichkeiten von Senior- über Whole-Loan bis hin zu Mezzanine, sprich von erstrangig besicherten Investments bis zu riskanteren Engagements im Nachrang.

Wie ist die aktuelle Lage für FK- Investitionen in Immobilien?
Das ist in erster Linie eine Frage der Perspektive. Bestandshalter blicken sicherlich noch zurück und haben in der aktuellen Marktphase das Problem, die Werthaltigkeit ihrer ausgereichten Darlehen umfassend einzuschätzen.  Hier geht es letztlich um die marktgerechte Bewertung der beliehenen Immobilien. Völlig anders und vor allem mit großen Chancen versehen ist der Blick nach vorne für neue Debt-Investitionen. Neue Kredite profitieren von dem höheren Zinsniveau und setzten nach Abschluss der stattfindenden Marktwertkorrekturen auf einem neuen, attraktiven Preisniveau auf. Insofern sind institutionelle Investoren mit verfügbarer Liquidität gut beraten, sich intensiv mit neuen Debt-Investitionen zu beschäftigen. Das Jahr 2025 wird definitiv große Chancen bieten, für die es sich in 2024 in Position zu bringen gilt

Bevorzugt der Markt spezielle Nutzungsarten?
Die unterschiedlichen Sektoren sind derzeit kaum pauschal zu bewerten. Zu sehr spielen das Alter, das individuelle Nutzungskonzept, die Makro- und Mikrolage bei den Einschätzungen eine Rolle. Es gilt das individuelle Investment einzuschätzen. So können selbst Büroobjekte weiterhin auskömmliche Renditen bieten, auch wenn es mangels Käufernachfrage gerade schwer fällt, aktuell den Marktwert festzustellen. Entscheidend sind belastbare Cashflows. Die Aussichten für Wohnobjekte bleiben grundsätzlich positiv, allerdings ist hier der Faktor ESG-Zustand von elementarer Bedeutung. Im Retail Segment verhält sich dies ähnlich. Grundsätzliche sind diese drei großen Sektoren, wenn die Eckdaten stimmen, auch finanzierbar.

Sind Debt-Investments im Vergleich zu Anleihen noch ausreichend attraktiv?
Eindeutig ja, dabei gilt es jedoch die einzelnen Risikoklassen sowohl auf der Fixed Income Seite als auch im Bereich Debt passend zuzuordnen. So erwirtschaften z. B. in Deutschland Senior-Loans mit LTV-Grenzen um die 60 % derzeit Investorenrenditen von 4 bis 5 %. Whole-Loan-Investitionen erreichen nach Kosten um 7 % und Nachrangengagements lassen Renditen bis über 15 % zu. Insofern gibt es sehr wohl renditeträchtige Alternativen sowohl zu aktuellen Staatspapieren als auch zu Unternehmensanleihen.

Wo wird die Real Estate Debt-Branche in 12 Monaten stehen?
Die Debt-Branche bleibt in Bewegung und der Bedarf an Finanzierungen in Ergänzung zu den klassischen Krediten von Banken und Pfandbriefbanken nimmt weiterhin zu.  Der Bedarf an Real Estate Debt steigt aktuell auch aufgrund reduzierter Prolongationsvolumen der traditionellen Finanzierer und bietet interessante Einstiegsengagements mit moderaten Risiken. 

Über Hanno Kowalski
Hanno Kowalski verantwortet als Managing Partner der FAP Group das Geschäft mit institutionellen Investoren im Bereich Real Estate Debt und Real Estate Direct Investments bei der FAP Invest GmbH und zeichnet hauptverantwortlich für den FAP Balanced Real Estate Fund. Seit über 25 Jahren in der Finanzbranche tätig, verfügt er über weitreichende Erfahrung in den Bereichen Private Wealth Management und Investment Banking.