Interview mit Professor Dr. Gerd Merke, Vorstand der Zusatzver-sorgungskasse des Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks
Zitat „Man muss die Nase in den Wind halten und offen für Neues sein“
Wie sieht Ihre Anlagestrategie in der Zusatzversorgungskasse aus?
Zunächst haben wir einen Tarifvertrag mit verbindlichen Vorgaben für uns als Versorgungskasse. Danach müssen wir eine Überschussverzinsung von 4 Prozent erzielen, um die Altersversorgung unserer Mitglieder sicherzustellen. Entsprechend groß war für uns die Herausforderung in der Niedrigzinsphase der letzten Jahre. Als die Zinsen sogar nahe Null oder zeitweise im negativen Bereich ankamen, mussten wir neue Wege gehen. Da die globale Wirtschaft auf einem Hoch war und der Transportbedarf von Jahr zu Jahr stieg, haben wir unter anderem in Frachtschiffe investiert. Damit konnten wir teils höhere zweistellige Renditen erzielen, mit denen wir die Erträge der sonstigen Anlagen ergänzten. Gleichzeitig haben wir uns mit Direktinvestitionen in Immobilien in den letzten Jahren bewußt zurückgehalten, das Preis-/Leistungsverhältnis stimmte einfach nicht mehr. Im Rahmen regulatorischer Vorgaben sind wir auch auf der Aktienseite tätig. Dank dieser Flexibilität konnten wir jederzeit die laufenden Rentenzahlungen abdecken. Wir liegen mit unserem Anlagevolumen unterhalb der 200 Millionen Euro Grenze.
Welche Assetklassen-Schwerpunkte haben Sie?
Unser Fokus liegt auf indirekten Anlagen vor allem über Fondsvehikel und hier im Renten- und Aktienbereich. Über einen großen Anbieter sind wir auch im US-Rentenbereich aktiv. Vorteilhaft ist, dass wir nicht nur über gute laufende Mitgliederbeiträge verfügen, sondern inzwischen auch über eine ansehnliche Reserve. Immobilien im Eigenbestand vermeiden wir so gut es geht, da sie besonders viel Aufmerksamkeit und eine aktive Betreuung erfordern.
Haben Sie einen geografischen und sektoralen Fokus?
Geografisch sind wir vor allem in Deutschland und Europa investiert. Allerdings sehen wir den Schwerpunkt für den zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg nicht mehr hier, weshalb wir verstärkt neue Kapitalanlagen in den USA und Kanada in Betracht ziehen. Beide Länder haben weniger Bürokratie, eine wirtschaftsfreundlichere Politik und gleichzeitig einen viel anpassungsfähigeren Markt, gerade in Zeiten einer Wirtschaftsflaute, weshalb sich die Konjunkturentwicklung weitaus erfreulicher darstellt als bei uns. Wir nutzen die Bandbreite, die uns die Anlageverordnung vorgibt durch möglichst flexible Anlagerichtlinien aus. Obwohl die Niedrigzinsphase längst vorbei ist, besteht die BaFin weiterhin auf einer Senkung des Rechnungszinses auf 0,9 Prozent. Dies schadet der Rentenbeihilfe. Der Kritik von Herrn Weimer von der Deutschen Börse an der Aufsichtsbehörde können wir uns nur vollumfänglich anschließen.
Sie wurden als beste Pensionskasse/ZVK ausgezeichnet. Was machen Sie anders?
Wie bereits kurz erwähnt, haben wir bewusst andere Risikoklassen ausgewählt und hatten damit Erfolg. Dafür waren glückliche Umstände hilfreich und natürlich auch eine Portion Mut erforderlich, kopflos sind wir allerdings nicht vorgegangen. Letztlich muß man die Nase in den Wind halten und offen für neue Ansätze sein.
Welche Bedeutung hat dabei die Risikoüberwachung und – steuerung?
Der Punkt ist, es heißt Risikosteuerung und nicht Risikovermeidung. Gleichzeitig auskömmliche Renten für unsere Mitglieder zu erwirtschaften und keine Risiken einzugehen, ist eine Illusion. Es geht darum, genau über die Risiken informiert zu sein. Hier arbeiten wir mit einem erstklassigen Research-Provider zusammen. Wer hingegen allen Risiken aus dem Weg gehen will, der tut das am besten mit der Schließung seines Geschäftes.
Gibt es Megatrends, die sie derzeit besonders im Blick haben?
Da ist ganz klar die mangelnde Leistungsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu nennen. Die Jahresarbeitszeiten sinken stetig, während die Bürokratie und die Transferleistungen ungeahnte Ausmaße annehmen. Gleichzeitig sieht sich Europa immer stärker in der Rolle des Weltenretters und gibt dafür Unsummen an Geldern der Bürger aus, die dann für den Konsum fehlen. Ein leider sehr gutes Beispiel für die auch voranschreitende Deindustrialisierung ist BASF. In Ludwigshafen wird schon lange kein Geld mehr verdient, die Erträge kommen aus dem Ausland mit erheblich besseren Rahmenbedingungen, allein wenn man schon einen Blick auf die Energiepreise richtet. Kurz: Wir müssen wieder mehr leisten und einen Fokus auf die Menschen der EU-Mitgliedsländer und ihre Wirtschaft legen.
Was erwarten Sie an den Märkten in den nächsten 12 Monaten?
Im Großen und Ganzen erwarte ich keine relevanten Änderungen. Die Immobilienmärkte werden sich langsam erholen und in einundeinhalb Jahren wieder im Gleichgewicht sein. Schön wäre eine deutlich größere Portion Realismus in der Politik und weniger Ideologie. Aber das ist mehr ein Wunsch als eine Erwartung.
Über Professor Dr. Gerd Merke
Prof. Dr. Merke ist in der Kapitalanlage auf europäischer Ebene für Euroroc tätig und betreut als Vorstand seit Jahren die Zusatzversorgungskasse des Deutschen Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks.