Fachbeitrag von Nino Nowack,
Gründer und Geschäftsführer von JUNIQO Invest
„Wohnraumreserven nutzen – Nachverdichtung im Bestand“
Der deutsche Mietwohnbau hinkt weiterhin dem Bedarf hinterher. Gerade im Segment der bezahlbaren Mietpreise und der sozialen Förderung ist das Neubauvolumen erheblich unter den Zielen der Bundesregierung, der Länder und Städte. Eine wichtiger Baustein zur Lösung der Gesamtproblematik ist nicht nur der Neubau, sondern auch die bessere Ausnutzung bereits bestehender Gebäude.
Jedes Jahr sollten laut der Bundesregierung 400.000 neue Wohnungen entstehen. Dieses Ziel wird bereits seit Jahren verfehlt und für dieses Jahr erwartet eine Studie der Deutschen Bank nur die Fertigstellung von rund 260.000 neuen Wohnungen. Hinzu kommen lokale und regionale Spitzen. So gibt es besonders hohe Wohnraumnachfragen in den Großstädten. Dazu zählt insbesondere auch die Bundeshauptstadt. Doch gerade hier sind die Hürden für den Neubau oder auch die Schaffung weiterer Wohnflächen in bereits bestehenden Immobilien hoch – oft zu hoch. So bricht insbesondere in Berlin der Neubau von Wohnimmobilien geradezu ein und das trotz der enormen Nachfrage.
Wohnimmobilien werden mehr denn je benötigt
Im Gegensatz zur der Abschwächung der Nachfrage im Bereich Büro und Einzelhandel sieht es im Immobilien-Sektoren Wohnen nach wie vor mehr als positiv aus. Die Nachfrage ist unverändert hoch, getrieben durch den Zuzug von Menschen aus dem Ausland und auch durch das Bevölkerungswachstum im Inland. Die Mietpreise sind mehr als stabil, auch in der aktuellen Wirtschaftskrise, und konnten in vielen Lagen sogar eine deutliche Steigerung erfahren.
Speziell die Nachfrage bei bezahlbarem Wohnraum und Wohnungsgrößen mit 1 bis 3 Zimmern steigt weiter. Gleichzeitig stagniert aufgrund der erheblich gestiegenen Finanzierungskosten sowie der auch inflationsbedingten Explosion der Baupreise das Angebot. Der Wohnungsneubau ist sogar im heftigen Rückwärtsgang, zumindest derzeit. In Summe sind das gleich mehrere Punktgewinne für Wohn-Investments.
Neubau von Wohnimmobilien ist schwierig bis fast unmöglich
Es gibt Städte und Lagen, da ist der Neubau von Wohnimmobilien kaum noch realisierbar. Das liegt allerdings ausdrücklich nicht an mangelnder Nachfrage, sondern meist an fehlender politischer Unterstützung, überbordender Bürokratie und völlig realitätsfernen Anforderungen im Bereich ESG oder auch der Mietpreisgestaltung. Berlin ist ein Musterbeispiel dafür, wie man Investoren verschreckt und den Neubau von Wohnimmobilien geradezu vorsätzlich und mit Ansage verhindert. Ein Bereich kann sich allerdings nach wie vor selbst in Berlin über Wasser halten – die Wohnflächenerweiterung in bestehenden Gebäuden.
Wohnflächenerweiterung im Bestand
Bestehende Wohnimmobilien bieten gerade in der Hauptstadt nach wie vor großes Potenzial für Flächenerweiterungen. Seien es in Quartieren ehemals gewerblich genutzte Anbauten und Hinterhofflächen oder vor allem Dachgeschossausbauten. Das typische fünfgeschossige Berliner Wohngebäude aus der Gründerzeit hat meist keine Wohnflächen in der Mansarde beziehungsweise dem Dachgeschoss. Mit einem entsprechenden Ausbau kann in solchen Gebäuden oft einen Wohnflächenerweiterung von 10-20 Prozent realisiert werden. Das hat gleich mehrere Vorteile.
Mehr Wohnflächen ohne weitere Versieglungen
Zunächst erhöht eine Flächenerweiterung auch die Objektrendite. Dann erfordert der Wohnflächenausbau in einer bestehenden Kubatur, also ohne Veränderung der äußeren Gebäudehülle, weit weniger bürokratischen Aufwand als bei Neubauten und er führt nicht zu einer zusätzlichen Flächenversiegelung, wie es sonst bei üblichen Nachverdichtungsmaßnahmen in den Städten der Fall ist. Eigentlich ist es eine Gewinnsituation für alle und die Umwelt profitiert auch noch von diesem Ansatz. Häufig werden im Zuge des Dachgeschossausbaus auch Gründächer oder Photovoltaik-Anlagen auf den neuen Dächern errichtet. Doch die Realität sieht in einigen Städten anders aus.
Politik ist leider oft Verhinderer statt Förderer
Eine große Hürde sind in einigen Städten die von der Politik geleiteten Behörden und Ämter. Erfordert eine Baugenehmigung zum Ausbau von Leerflächen im Dachgeschoss in einer durchschnittlichen Mittelstadt in Deutschland meist kaum mehr als 3 Monate Wartezeit, so lässt sich beispielsweise Berlin gerne ein Jahr Zeit und dann wird nicht selten ein Ausbau ohne Begründung abgelehnt. Im Nachgang sind trotz bester Erfolgsaussichten in der Regel juristische Auseinandersetzungen notwendig. Dafür fehlt sowohl den Wohnungssuchenden als auch den Investoren jegliches Verständnis. Es ist Zeit dies zu verändern, sonst bleibt die Hauptstadt weiterhin der Immobilien-Investoren-Schreck und bezahlbarer Wohnraum eine Seltenheit. Ohne die Schaffung von neuem Wohnraum, wird sich der angespannte Mietwohnmarkt in der Hauptstadt kaum verbessern.