Immobilien: Trends und Entwicklungen in Deutschland

Der Markt im Überblick

Rückblickend lässt sich ein Jahr nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie feststellen, dass sich der deutsche Immobilienmarkt sowohl für private als auch für institutionelle Investoren als weiterhin stabil erwiesen hat.

Auch wenn sich gewisse Unterschiede in den einzelnen Asset-Klassen herauskristallisiert haben, war das Corona-Jahr 2020 mit einem gesamten Transaktionsvolumen von rund 79 Milliarden Euro (vgl. CBRE Real Estate Market Outlook) insgesamt sehr erfolgreich. Wir gehen davon aus, dass der deutsche Immobilienmarkt weiterhin Investoren anziehen wird, da bei hohem Anlagedruck vieler Investoren nur wenige alternative Anlagemöglichkeiten mit vergleichbarer Sicherheit und Rendite existieren. Dieser Trend wir durch die andauernde Niedrigzinspolitik weiter deutlich verstärkt, so dass Investoren unverändert intensiv auf dem deutschen Immobilienmarkt nach Anlagegelegenheiten suchen werden. Vor allem neuen ausländischen Markteilnehmern wird sich aufgrund neu entstehender Opportunitäten die Möglichkeit zum Eintritt in den deutschen Immobilienmarkt bieten.

Die begonnene Ausdifferenzierung zwischen den Asset-Klassen und auch innerhalb dieser wird sich weiter fortsetzen.

Bestimmte Asset-Klassen wurden härter von der COVID-19-Pandemie getroffen als andere. Somit ist es kaum überraschend, dass Investoren eine Präferenz für die sich im Jahre 2020 herauskristallisierenden „Assetgewinner“ entwickelt haben. Hierzu zählen insbesondere die Assets Living, Gesundheitsimmobilien, Logistik sowie Einzelhandelsimmobilien mit Lebensmittel- und Drogeriegeschäften.

Aber auch die Asset-Klassen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie stärker unter Druck geraten sind und daher auf den ersten Blick riskanter wirken, bieten Chancen. Denn ein höheres Risiko birgt regelmäßig bessere Renditeaussichten. Dies jedenfalls dann, wenn man die bestehenden Probleme erkennt und maßgeschneidert löst.

Auswirkung der Pandemie auf den Ankaufsprozess und den Kaufvertrag

Nachfolgend stellen wir dar, was seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie und vermutlich noch einige Zeit danach insbesondere im Rahmen von Ankaufsprüfungen und den Ankaufsverträgen zu beachten ist. Dafür unterscheiden wir zwischen einerseits den Bestandsimmobilien und andererseits den Immobilien in der Projektentwicklung.

Bestandsimmobilien

Der für eine Immobilie relevante Kaufpreisfaktor ist von Makro- und Mikrolage und der Nutzung der Immobilien abhängig. Zur Ermittlung des Kaufpreises einer Immobilie wird der jeweilige Kaufpreisfaktor mit der jährlichen Nettokaltmiete multipliziert. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die jeweilige mit der Immobilie erwirtschaftete Nettokaltmiete für den Kaufpreis einer Immobilie entscheidend ist. Je nachdem in welcher Asset-Klasse eine Immobilie erworben werden soll, kann die COVID-19-Pandemie in diesem Zusammenhang (jedenfalls vorübergehend) unmittelbare Auswirkungen haben.

Mietvertragsanpassungen im Zusammenhang mit § 313 BGB

Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wurden viele Einzelhändler, Gastronomen, Hoteliers etc. in ihren Betrieben stark beeinträchtigt. Die Gastronomen und Hoteliers waren nach dem ersten Lockdown im März/April 2020 die ersten, die bereits im November 2020 („Lockdown light“) ihre Betriebe wieder schließen mussten. Ab Mitte Dezember waren dann auch die meisten Einzelhändler gezwungen, ihre Geschäfte zu schließen und neue Verkaufsmodelle einzuführen (z.B. Click & Collect etc.).

Viele Mieter haben die staatlichen Beschränkungen zum Anlass genommen und ihre Mieten gemindert und/oder den Vermieter um Mietkürzungen/-stundungen gebeten. Erwartungsgemäß mussten sich dann die Gerichte auch zunehmend mit Rechtsstreitigkeiten über die Mietzahlungspflicht der Mieter befassen. Obergerichtliche Entscheidungen existieren bisher noch nicht, die Amts-/Landgerichte haben jedoch überwiegend Mietminderungs-/Stundungsansprüche der Mieter abgelehnt.

Am 17.12.2020 wurden nun vom Bundestag ein Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens als Ergänzung zum COVID19-Gesetz aus März 2020 beschlossen. Durch die Erleichterung der Anwendung des § 313 BGB während der COVID-19-Pandemie soll u.a. die Verhandlungsposition von Mietern gestärkt werden, was auch als politisches Signal für eine mieterfreundlichere Gesetzgebung gewertet werden kann. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass der zweite Lockdown von längerer Dauer war und zum Teil zu noch strengeren Maßnahmen geführt hat.

Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann die Änderung des Vertrages verlangt werden, wenn:

  • sich die Umstände, die zur Grundlage eines Vertrages wurden, seit Vertragsschluss wesentlich geändert haben;
  • die Parteien den Vertrag gar nicht oder nur mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Änderung vorhergesehen hätten; und
  • einer der Parteien unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, ein Festhalten am Vertrag ohne Anpassung nicht zugemutet werden kann.

Der Paragraf 313 BGB setzt, wie dargelegt, eine unvorhergesehene wesentliche Änderung der Verhältnisse voraus, die bei Vertragsschluss nicht einmal erwogen wurde. Daher kommt eine Anwendbarkeit von § 313 BGB bei Mietverträgen, die nach Beginn der Pandemie abgeschlossen worden sind, grundsätzlich nicht in Betracht.

Der neu in Art. 240 des EGBGB eingefügte § 7 sieht für bei Ausbruch bereits abgeschlossenen Miet-/Pachtverträgen nunmehr eine widerlegbare Vermutung vor, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage und damit ein Fall des § 313 BGB vorliegt, wenn der Mietgegenstand aufgrund staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen verwendbar ist. Die Anwendbarkeit dieser Regelung erstreckt sich auf alle Gewerbe-, Raum- und Grundstücksmiet-/pachtverhältnisse mit Ausnahme von Wohnraum.

Eine erhebliche Einschränkung soll in einer staatlichen Vorgabe regelmäßig dann vorliegen, wenn keine oder nur ein bestimmter Teil der Ladenfläche für Publikumsverkehr genutzt werden darf oder die Anzahl an Personen beschränkt wird, die sich auf einer bestimmten Fläche aufhalten darf. Bleibt dagegen bei einem Betrieb mit Publikumsverkehr die Kundschaft wegen sinkender Konsumbereitschaft aus, so greift die Vermutung nicht, denn dies betrifft das Betriebsrisiko des Mieters.

Ein Anspruch des Gewerberaummieters gem. § 313 BGB setzt vereinfacht gesprochen also voraus, dass es tatsächlich Auflagen/Beschränkungen für den konkreten Betrieb des Mieters/Pächters gibt, die dazu führen, dass es für den Mieter/Pächter unzumutbar ist, an dem unveränderten Vertrag festzuhalten. Ob es für den Mieter unzumutbar ist, an dem bestehenden Vertrag festzuhalten, ist eine Einzelfallentscheidung und durch den Mieter nachzuweisen. Hierbei sind insbesondere der Umsatzrückgang gegenüber den Vorjahren, ein etwaiger Anspruch des Mieters auf staatliche Unterstützungsleistungen sowie mögliche Rücklagen zu berücksichtigen.

Je nachdem wie die Abwägung im Hinblick auf die zuvor beschriebene Zumutbarkeit ausfällt, kommen als Anpassungsmöglichkeiten grundsätzlich Stundung von Mieten, Mietreduktion und Kündigungsrechte in Betracht. Derzeit ist wohl davon auszugehen, dass den Parteien allenfalls in extremen Ausnahmefällen ein Kündigungsrecht zustehen dürfte. Stundungen wären insbesondere dann denkbar, wenn dem Mieter dem Grunde nach staatliche Unterstützungsleistungen in ausreichendem Umfang zustehen, deren Auszahlung sich aber verzögert und deshalb vorübergehend Liquiditätsengpässe bestehen. In den meisten Fällen ist aber wohl davon auszugehen, dass allenfalls eine Anpassung in Form der Mietreduktion beansprucht werden kann.

Die Anpassungen (Stundung oder Mietreduktion) werden – vorausgesetzt die Situation normalisiert sich aufgrund des Impfstoffes zeitnah wieder – nur von vorübergehender Dauer sein, nämlich insbesondere für die Zeit des Lockdowns. Soweit Vermieter aufgrund der finanziellen Situation der Mieter langfristig Mietreduktionen eingehen müssen, wird sich dies wohl aber auch auf den Kaufpreis auswirken.

Ankaufsprozess / Regelungen im Kaufvertrag

Aus Vorstehendem wird deutlich, dass im Rahmen des Due-Diligence-Prozesses insbesondere abgefragt werden sollte, ob Mieter Ansprüche im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie geltend gemacht haben und wenn ja, in welcher Höhe Mietreduktionen/Stundungen bereits gewährt wurden oder ob sogar eine Kündigung im Raum steht. Auch sollte geprüft werden, wie das Zahlungsverhalten (unabhängig von der Höhe des geschuldeten Mietzinses) des Mieters war. Darüber hinaus sollte in der rechtlichen Due Diligence ein noch größeres Augenmerk auf die gewährten Mietsicherheiten und deren Wirksamkeit gelegt werden. Dies gilt übrigens auch in Bezug auf Asset-Klassen, die ggf. nur mittelbar von den COVID-19-Maßnahmen betroffen sind (z.B. Büroimmobilien).

Schließlich sollten heute mehr denn je, ergänzend zur rechtlichen Due Diligence auch die Mieter betriebswirtschaftlich überprüft werden. Denn trotz der staatlichen Hilfen ist damit zu rechnen, dass vermehrt Mieter zumindest im Bereich Gastronomie/Hotel oder Einzelhandel in eine existenzbedrohende Krise geraten und ein Teil davon schließlich insolvent gehen könnte.

In diesem Zusammenhang kann das Risiko bestehen, dass bei Kenntnis des Vermieters von einer Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung des Mieters die Insolvenzanfechtung bzgl. der bereits gezahlten Mieten droht, wenn der Mieter später tatsächlich insolvent wird. Eine Folge kann sein, dass Mietzahlungen, die bis zu vier Jahre vor dem Insolvenzantrag gezahlt worden sind, angefochten werden können und somit auch die Mietzahlungen, die in die Besitz- und Eigentumszeit des Erwerbers fallen, betroffen sein können. Grundsätzlich anfechtbar sind jeweils nur die Mieten ab dem Zeitpunkt, zu dem tatsächlich die Insolvenzantragspflicht eingetreten ist und die Kenntnis des Vermieters vorlag bzw. eine solche Kenntnis angenommen wird. Ausgenommen von einer Anfechtung sind im Regelfall jedoch sogenannte Bargeschäfte (d.h. Zahlung der Miete für den laufenden Monat im laufenden Monat).

Im Rahmen der Ankaufsprüfung müssen solche Risiken erkannt und ggf. eingepreist werden.

Auch durch die Kaufverträge können im Rahmen der Due Diligence erkannte Risiken durch entsprechende kaufvertragliche Regelungen zumindest minimiert werden. Zum Beispiel sehen für gewöhnlich Kaufverträge eine Material Adverse Change-Klausel (sog. „MAC“-Klausel) vor. Danach kann sich ein Käufer vom Vertrag lösen, wenn zwischen Abschluss des Vertrages und Eintritt der Kaufpreisfälligkeit (was in der Regel einige Monate dauern kann) eine wesentliche nachteilige Änderung in Bezug auf die gegenständliche Immobilie eintritt (z.B. Zerstörung durch unverschuldeten Brand). In Zeiten von Corona sollte diese Klausel um den Eintritt der Insolvenz von (jedenfalls den Anker-) Mietern ergänzt werden. Damit wird sichergestellt, dass jedenfalls für einige Monate nach Abschluss des Kaufvertrages das Insolvenzrisiko der Mieter noch der Verkäufer trägt. Alternativ zum Rücktritt kann im Kaufvertrag auch durch eine zu vereinbarende Formel der Kaufpreis angepasst werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn trotz Insolvenz eines Mieters die Immobile insgesamt für den Investor attraktiv bleibt.

Immobilien in der Projektentwicklung

Im Rahmen von Projektentwicklungsverträgen haben sich aufgrund der aktuellen COVID-19-Pandemie sog. „Force Majeure-Klauseln“ oder auch „Corona-Klauseln“ als marktüblich etabliert. Kaufinteressenten müssen sich im Rahmen von Vertragsverhandlungen daher in besonderem Maße auch mit den unterschiedlichen Ausgestaltungsformen dieser Klauseln befassen. Hierfür ist es von großer Bedeutung, die Hintergründe und das Erfordernis einer entsprechenden vertraglichen Regelung zu verstehen.

Wurde im Rahmen einer Projektentwicklung ein spätester Übergabetermin vereinbart und kann dieser pandemiebedingt aufgrund von Baueinstellungen oder Lieferausfällen nicht eingehalten werden, stellt sich zwangsläufig die Frage, welche Rechte den Parteien zustehen und welche Risiken zu berücksichtigen sind.

COVID-19-Pandemie als Tatbestand der „höheren Gewalt“

Die aktuelle COVID-19-Pandemie ist geeignet, auch im Zusammenhang mit einer Projektentwicklung den Tatbestand der höheren Gewalt zu begründen. Die Frage, ob die Voraussetzungen der höheren Gewalt erfüllt sind, ist im Einzelfall unter besonderer Berücksichtigung der Gesamtumstände und der vereinbarten Risikozuordnung zu beurteilen.

Höhere Gewalt im Zusammenhang mit einer Projektentwicklung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn behördliche Anordnungen oder ähnliche Maßnahmen getroffen werden, durch welche der mit der Herstellung beauftragte Unternehmer an der Erbringung seiner vertraglichen Leistung gehindert wird, wie beispielsweise Quarantänemaßnahme auf der Baustelle, Stilllegung der Baustelle, Einreisebeschränkungen oder Lieferengpässe aufgrund abreißender Versorgungsketten.

Höhere Gewalt liegt hingegen nicht vor, wenn die Beeinträchtigung auf einer (freiwilligen) Vorsichts-/ Sicherheitsmaßnahme ohne entsprechende behördliche Anordnung beruht. In diesem Fall fehlt es nämlich an dem Merkmal der „Unabwendbarkeit“. Auch ist wohl kein Fall höherer Gewalt gegeben, wenn ausländischen Arbeiter des Bauunternehmers aus Angst davor, demnächst nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren zu können, nicht mehr zur Baustelle kommen. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist ferner maßgeblich, ob die konkreten Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den Bauablauf für den Auftragnehmer vermeidbar waren. Das Merkmal der „Unabwendbarkeit“ ist regelmäßig auch in den Fällen nicht erfüllt, in denen der Auftragnehmer beispielsweise einen Lieferengpass durch anderweitigen Bezug hätte kompensieren, anderes Personal auf der Baustelle einsetzen oder einen anderen Nachunternehmer hätte beauftragen können. Die Ersatzbeschaffung bzw. Kompensationspflicht steht jedoch unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit; wo diese Grenze liegt, hängt von der Risikoverteilung und den Umständen im Einzelfall ab.

Entsprechend den Ausführungen zu § 313 BGB liegt höhere Gewalt wohl auch dann nicht vor, wenn der Vertrag erst nach Ausbruch der Pandemie „sehenden Auges“ geschlossen wurde.

Die Anforderungen der Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer solchen Beeinträchtigung sind dabei relativ hoch. Im Rahmen der Behinderungsanzeige müssen insbesondere die Tatsachen aufgeführt werden, die eine konkrete Behinderung der Vertragserfüllung zur Folge haben. Dabei sind insbesondere auch Angaben darüber zu machen, hinsichtlich welcher Arbeiten eine konkrete Behinderung besteht bzw. unmittelbar bevorsteht. Allgemein formulierte Behinderungsanzeigen eines Auftragnehmers, wie sie insbesondere zu Beginn der Pandemie vorgenommen wurden, genügen diesen Anforderungen nicht.

Verlängerung der Bauzeit aufgrund „höherer Gewalt“

Ist im Einzelfall der Tatbestand der höheren Gewalt erfüllt und haben die Parteien keine vertragliche Vereinbarung über den Umgang hiermit getroffen, stellt sich die Frage, wie sich die Verzögerung auf den vertraglich vereinbarten spätesten Übergabetermin auswirkt.

Im Rahmen der Projektentwicklung ist hierfür zwischen dem Rechtsverhältnis des Verkäufers als Bauherr zu den bauausführenden Unternehmen und dem Rechtsverhältnis des Verkäufers zu dem Käufer zu differenzieren.

Verhältnis des Verkäufers zum Käufer

Sieht der Grundstückskaufvertrag (mit Bauverpflichtung) einen spätesten Übergabetermin vor und wird dieser nicht eingehalten, befindet sich der Verkäufer im Verzug. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Verspätung auf höherer Gewalt beruht. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält nämlich keine mit der VOB/B vergleichbare Regelung auf „Bauzeitverlängerung“. Der Käufer kann somit entweder am Vertrag festhalten und weiterhin die vertragsgemäße Erfüllung seitens des Verkäufers verlangen oder vom Vertrag zurücktreten.

Nach dem Gesetz hat der Käufer mangels Verschuldens jedoch weder einen Anspruch auf Vertragsstrafe noch auf Schadensersatz gegen den Verkäufer. Schäden aufgrund verspäteter Übergabe an einen Mieter sind daher ebenso wenig zu ersetzen wie z. B. Finanzierungsschäden/Zinsschäden (insbes. Bereitstellungszinsen).

Daher ist aus Käufersicht im Rahmen der Vertragsgestaltung darauf zu achten, die Überschreitung des spätesten Übergabetermins an die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe o. Ä. zu knüpfen.

Verhältnis Verkäufer als Bauherr zu bauausführenden Unternehmen

Anders stellt sich die Situation hingegen im Verhältnis des Verkäufers als Auftraggeber zu den Bauunternehmen als Auftragnehmer dar.

Haben Auftraggeber und Auftragnehmer nämlich die Geltung der VOB/B vereinbart (was regelmäßig der Fall sein wird), hat der Auftragnehmer gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 c) VOB/B einen Anspruch auf Verlängerung der Bauzeit, soweit die Behinderung verursacht ist (u.a.) „(…) durch höhere Gewalt oder andere für den Auftragnehmer unabwendbare Umstände.“

Dies hat für den Verkäufer zur Folge, dass kein Gleichlauf zwischen den Bauverträgen auf der einen Seite und dem Kaufvertrag auf der anderen Seite besteht. Während der Verkäufer somit eine Bauzeitverlängerung seitens des Bauunternehmers im Falle höherer Gewalt entschädigungslos hinnehmen muss, sieht er sich dem Risiko eines Rücktritts und ggf. sogar einem vertraglichen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe seitens des Käufers ausgesetzt. Daher ist für den Verkäufer von wesentlicher Bedeutung, auch im Kaufvertrag eine entsprechende Regelung zu vereinbaren, nach der eine Bauzeitverlängerung aufgrund höherer Gewalt zu einer (automatischen) Verschiebung des vertraglich vereinbarten spätesten Übergabetermins führt.

Vertragsverhandlung und -gestaltung

Im Rahmen der Verhandlung und Gestaltung einer „Force Majeure-Klausel“ oder „Corona-Klausel“ sind vielseitige Ausgestaltungen möglich. Aus Käufersicht ist insbesondere wichtig, dass die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen „höherer Gewalt“ nicht durch die vertragliche Regelung herabgestuft werden. Im Übrigen sollte klargestellt sein, dass nur Verzögerungen, die trotz größter Anstrengungen des Verkäufers nicht abgewendet oder ausgeglichen und auch nicht durch andere dem Verkäufer mögliche Maßnahmen wieder aufgeholt oder kompensiert werden konnten, zu einer Verschiebung des spätesten Übergabetermins um den Zeitraum der vom Verkäufer unabwendbaren Verzögerung führt. Möglich ist auch die Vereinbarung eines maximalen Zeitraums, um den sich der Übergabetermin verschiebt („Cap“). Für den Fall, dass der Verkäufer das Grundstück bereits vermietet hat und der Mietvertrag einen spätesten Übergabetermin vorsieht, muss sichergestellt sein, dass der Mieter dem abweichenden Übergabetermin in Form eines schriftformgerechten Nachtrags zum Mietvertrag zugestimmt hat.

Zusammenfassung

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Deutschland weiterhin ein sicherer Standort für Investoren ist. Die COVID-19-Pandemie hat hieran grundsätzlich nichts geändert und hat sogar bestimmte Asset-Klassen (z.B. Gesundheits- und Logistikimmobilien) verstärkt in den Fokus von Investoren gerückt. Sofern die vorstehenden Themen im Rahmen eines fundierten rechtlichen Due-Diligence-Prozesses erkannt und maßgeschneidert für den jeweiligen Investor gelöst werden, lässt sich nach wie vor assetübergreifend ein gutes Investment erzielen.

Die durch die COVID-19-Pandemie verursachte Marktverwerfung könnte sogar neuen Investoren eine einmalige Chance zum Einstieg in den deutschen Immobilienmarkt bieten.

Verfasser:

GSK Stockmann ist eine führende unabhängige europäische Wirtschaftskanzlei. Über 200 Rechtsanwälte und Steuerberater beraten an Standorten in Deutschland und Luxemburg deutsche und internationale Mandanten. Hoch angesehen für seine Immobilien- und Finanzdienstleistungen und mit einem der größten Immobilienteams in Deutschland, ist GSK Stockmann ein Marktführer in den Bereichen Investment und Asset Management sowie Projektentwicklung. Darüber hinaus verfügen wir über umfassende Expertise in den Schlüsselsektoren Fonds, Kapitalmarkt, Öffentlicher Sektor, Mobility, Energiewirtschaft und Healthcare. Die engagierten Teams verfügen über Fachwissen und Erfahrung in den Bereichen M&A, Private Equity und Venture Capital, Streitbeilegung, Steuern, Compliance, Restrukturierung, IP und IT, Datenschutz, Kartellrecht und Arbeitsrecht und können so die richtige Lösung für die geschäftlichen Anforderungen der Mandanten finden.

Dr. Philip Huperz ist Rechtsanwalt und Partner bei GSK Stockmann. Er ist spezialisiert auf Immobilientransaktionen und Asset Management, insbesondere in den Bereichen Gesundheitswesen, Studenten-Apartments, Bürogebäude und Einzelhandel. Zu seinen Mandanten zählen u. a. nationale und internationale Immobilieninvestoren, Family Offices und Projektentwickler. Dr. Huperz hält regelmäßig Vorträge und publiziert zu pflegerelevanten Themen und ist Mitglied der ZIA-Expertengruppe für Healthcare-Immobilien in Deutschland.

Dr. Andreas Eichler ist Rechtsanwalt und Partner bei GSK Stockmann. Er spezialisiert sich auf Immobilientransaktionen, Gewerberaummietrecht, Property-/Assetmanagement sowie komplexe Projektentwicklungen. Besonderes Know-how hat er neben der Asset-Klasse der Büroimmobilien im Bereich der Logistikimmobilien. Zu seinen Mandanten zählen nationale und insbesondere auch namhafte internationale Investoren sowie Non-Property-Unternehmen. Dr. Eichler ist Mitglied des ZIA Corporate Real Estate Committee in Deutschland und von CoreNet Global.

Emily Arkhurst ist Rechtsanwältin und Senior Associate bei GSK Stockmann. Sie ist spezialisiert auf Immobilientransaktionen und Asset Management, insbesondere in den Bereichen Gesundheitswesen, Büro- und Einzelhandelsimmobilien. Sie berät nationale und internationale Immobilieninvestoren, Family Offices und Projektentwickler.

Çağlayan Birkan ist Rechtsanwalt und Senior Associate bei GSK Stockmann. Sein Schwerpunkt liegt auf Immobilientransaktionen und Asset Management, insbesondere im Hinblick auf Gesundheitsimmobilien, Pflegeheime und Mikro-Wohnimmobilien. Zu seinen Mandanten zählen u.a. nationale und internationale Immobilieninvestoren, Family Offices und Projektentwickler.

Der Artikel ist im Chambers Global Practice Guide 2021 zum Thema Real Estate erschienen. Sie können ihn hier herunterladen:

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